Leben nach dem Thermometer
Von 26 Grad im Sonnenschein bis zu -7 Grad in der Nacht – das waren die Temperaturen der letzten Tage. Warmblüter wie wir versuchen dabei immer die gleiche Kerntemperatur zu behalten. Mein Mitbewohner des Monats dagegen ist poikilotherm – also wechselwarm- und den Temperaturschwankungen bis in die Körperzellen ausgeliefert.
Kälte wirkt auf den Laubfrosch (Hyla arborea) in meinem mit Buchenlaub gefülltem Blumentopf wie ein Dimmschalter: Alle Lebensfunktionen werden stufenlos durch die Außentemperatur eingestellt. Forschende haben nachgemessen: Bei 5-8 Grad Celsius (dem unteren Aktivitätsbereich) schlägt das Herz des Fröschleins 10-20 mal pro Minute, bei 21 Grad durchschnittlich 69mal! Danach wird es schon wieder kritisch. Frösche können am Hitzschlag sterben.

Eigenes UV-Schutz-Rezept
Aus der entstehenden Kurve hat man die RGT-Regel abgeleitet: Je 10 Grad beschleunigt sich der Stoffwechsel um das 2-3 fache. (Innerhalb des passenden Bereichs). Laubfrösche leben im Sommer und Herbst auf Bäumen. Da hocken sie dann und sonnen sich. Ich konnte das schon ein paar mal in den Hemmerder Wiesen beobachten. Die zarte, grüne Ambhibienhaut spannt dann über das zusammengekauerte Tier und die Frösche sitzen wirklich bewegungslos in der prallen Sonne. Kriegen die keinen Sonnenbrand? Glücklicherweise kann der Laubfrosch Sonnenmilch produzieren, die unter anderem aus Schleim gegen den Wasserverlust und bestimmten Peptiden zum Schutz vor UV-Schäden besteht. An der Formel wird intensiv geforscht – vielleicht könnten eines Tages auch mit biologischer „Froschhautmilch“ cremen.


Quaken nach Temperatur
Das Wärmebad ist vielleicht nicht nur Froschwellness- sondern mehr Aktivität erhöht womöglich die Chance auf die Vermehrung. Jedenfalls sind die Werberufe der Männchen temperaturabhängig. Der Gesang ändert sich mit steigender Temperatur, die Dauer von Impulsgruppen und Intervallen wird deutlich hörbar kürzer, wenn es wärmer ist. (Man könnte auch sagen, die Rufe werden hektischer.) Für die Entwicklung der Kaulquappen sind 15 Grad Wassertemperatur optimal. Als Froschmann sollte man also zusehen, dass bei mildem Wetter eine Angebetete erscheint, deren Eier in einem passenden Gewässer besamt werden können. 90 Dezibel schafft ein männlicher Laubfrosch, das entspricht einem Presslufthammer in 7m Entfernung. Wir hören die Frösche an lauen Frühlingsabenden rufen, obwohl wir gar kein Gewässer im Garten haben. Außerhalb der Paarungszeit leben Laubfrösche an Land, sie können gut klettern und vergleichsweise gut laufen. Mein Mitbewohner hat offenbar bei mir überwintert, vielleicht war der Kunststoffpott mit reichlich trockenem Laub als Füllung schon frostsicher genug.

