Wilder Hotspot

Ich schrieb schon einmal über meine Vorliebe für Pflanzen, die ich nicht explizit eingeladen habe – und die von Überraschungsgästen zu Lieblingen geworden sind. Die Wildrose am Zaun zum Beispiel, die sogar größere Umbauarbeiten mit Bagger und Spaten verzieh und als erstes mit üppiger Blütenpracht den neuen Zaun verkleidete. Im Gegensatz zu vielen eingekauften Exoten ist sie außerdem ein „Hotspot“ in Sachen Artenvielfalt. Wenn mal nichts los zu sein scheint im Garten – hier findet sich immer ein bisher unentdeckter Mitbewohner. Den komplizierten Beziehungen in der Baby-WG ihrer Rosengallen habe ich einen eigenen Artikel gewidmet. Dieses Jahr sieht sie etwas gestresst aus – einige ihrer zahlreichen Mitbewohner scheinen ihr auf Dauer doch etwas zuzusetzen.

„Schadbild“ des Erdbeerblütenstechers (Anthonomus rubi) an Hundsrose.

Knospen als Kinderbett

Auffällig viele ihrer Knospen hingen noch vor der Blüte braun und abgeknickt an den Ästen. Bei näherer Betrachtung hatten sie alle ein kleines braunes Loch im Blütenboden. Später traf ich einen winzigen schwarzen Rüsselkäfer auf den Blättern – und hatte damit den Verursacher der Knospenwelke gefunden: Der Erdbeerblütenstecher (Anthonomus rubi) gilt als Erdbeerschädling, befällt aber auch andere Rosaceen, wie meine Wildrose. Das Weibchen beißt ein Loch in die geschlossenen Knospe und legt ein einzelnes Ei hinein. Anschließend nagt sie noch den Stiel der Knospe an, so dass diese welkt und später trocknet. In dieser Kammer voller Pollen entwickelt sich die Larve – auch wenn die Blüte zwischendurch abfällt. Inzwischen sammle ich die braunen Knospen ab, wenn ich eh mit der Kamera im Busch stehe.

Nur 2-4mm groß ist der Erbeerblütenstecher. Die erwachsenen Käfer fressen Blütenblätter. Der Nachwuchs entwickelt sich in der getrockneten Knospe.
Innen in der aufgeschnittenen, hier noch friscen Knospe sieht man oben mittig die Einstichstelle als dunkle Läsion.

Grünes Babyzimmer

An anderer Stelle gab es auffällig gerollte Blätter, in deren Inneren ich sowohl einzelnen Eier, als auch – etwas später – winzige Larven finden konnte: Rosenblattrollwespen (Blennocampa pusilla) schützen so ihren Nachwuchs. Die Mama hat die Eier an den unteren Rand des Blattes geklebt und dann mit einem sägeähnlichen Legebohrer auf beiden Seiten der Mittelrippe in die Zellen gestochen. Das Blatt rollt sich nach innen und wickelt die Eier schützend ein. Später verlassen die lieben Kleinen die Blattröhre und verpuppen sich im Boden. Bis sie im nächsten Frühjahr bereit sind, selbst Nachwuchs auf der Rose zu produzieren.

Kürzlich traf ich sogar einen Trauer-Rosenkäfer (Oxythyrea funesta)- ein Erstfund für mich – war aber leider nicht schnell genug mit der Kamera. Die offenen Blüten sind für viele Insekten eine einladende Snackbar, und so entstehen nach der Bestäubung durch verschiedene Insekten immer reichlich Hagebutten, die die Vögel im Winter gerne fressen.

Aphis spec – Blattläuse bestimmen erschient mir relatvi aussichtslos…
Leckere Hundsrosen-Pollen sammelt diese Erdhummel-Arbeiterin.

Gefährlicher Untermieter

Neben den allgegenwärtigen Blattläusen und deren Räubern (Marienkäferlarven) ist mir vor allem ein Pilz aufgefallen. Das ist nichts ungewöhnliches, meine stets ungespritzten Rosen sehen öfters aus, als hätten sie Masern- aber dieses Jahr wachsen leuchtend-orangene Sporenkissen direkt aus den Stängeln und Blüten – der Rosenrost (Phragmidium mucronatum) scheint der Hundsrose ernsthafte Probleme zu bereiten. Er bildet im Rahmen eines ziemlich komplizierten Lebenszyklus verschiedene Arten von Sporen, erst einzelne orangene, dann die fotografierten Sporenlager (Aecidien) und später schwarze Sporen, die mit dem Wind verbreitet werden. Nach der Blüte werde ich die Rose zurückschneiden und hoffen, sie schafft es.

Aecidien des Rosenrost (Phragmidium mucronatum) brechen an einer ausgeblühten Wildrosen-Blüte hervor.

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