Strangers in the Green

Inzwischen habe ich mehrere hundert verschiedene Mitbewohner meines Gartens kennen gelernt. Ab und an kommt mir allerdings etwas vor die Linse, das ich nicht einordnen kann. Eine Gästebuchseite für die unbekannten, manchmal etwas skurrilen Mitbewohner.

Der Streckfuß Dicranopalpus ramosus. Ein Einwanderer aus der weiteren Spinnen-Verwandschaft.

„Hunt the harvestman“ bat die Arachnologische Gesellschaft in Großbritannien schon 2016 und meinte damit den „Streckfuß“. Der stammt ursprünglich aus Marokko und hat sich in den letzten Jahrzehnten in Europa ausgebreitet. Weniger durch Wanderungen, wie die Forschenden annehmen, als vielmehr durch importierte Pflanzen – daher ist seine Präsenz in Gärten auch besonders augenfällig. Die besondere Beinhaltung und die gegabelten Pedipalpen (die vorderen „Fühler“) sind unverwechselbar – die Tiere eignen sich deshalb prima für Citizen Science-Projekte.

Streckfuß Dicranopalpus ramosus, Weibchen, erkennbar an den Pedipalpen. Dieser sehr spezielle Weberknecht ist erst seit 20 Jahren in Deutschland – vermutlich mit Pflanzen eingereist.
Dieses winzige Objekt konnte ich als Larve eines Kugelmarienkäfers identifizieren. Sie ist mit Wachsausscheidungen als Schildlaus getarnt, in Wahrheit frisst sie aber selbst Blattläuse. Ein Wolf im Schafspelz also. Welche Art bleibt ungewiss, mögliche Eltern könnten diese beiden sein:
Exochomus quadripustulatus, der Vierfleckige Kugelmarienkäfer könnte der Erzeuger der Wischmop-ähnlichen Larve sein. Jedenfalls produzieren die beiden hier im Apfelbaum Nachwuchs.
Der Zottige Springschwanz, Orchesella villosa ist in seiner Verwandschaft mit 4mm Körperlänge einer der größeren Vertreter. Über seine Lebensweise konnte ich nicht viel herausfinden. Ich denke über das wilde und weitgehend unbemerkte Leben der Springschwänze schreibe ich ein anderes Mal.
Das ist eine sogenannte Teufelsfratze. In Wahrheit ist es allerdings ein Arschgesicht. Wir sehen hier den Hintern einer fetten Tipula-Larve. Ich konnte nicht sicher feststellen, welcher Art sie angehört, habe aber die Wiesenschnake unten in Verdacht – sie ist jedenfalls die häufigste Schnaken-Art im Garten.
Wiesenschnake (Tipula paludosa). Wegen der an den Rasenwurzeln fressenden Larven werden sie von einigen Gärtnern gehasst. Ich bin da entspannt – die fetten Larven sind top Vogelfutter, wahrscheinlich freuen sich auch andere Mitbewohner darüber.

Ein Tierchen bin ich noch schuldig: Im Teaserbild wird die Schnake offenbar von einer (männlichen) Skorpionsfliege gefressen. Die ist ein Allesfresser, jagt aber nicht – sie nimmt geschwächte oder tote Insekten, aber auch Früchte. Die Schnake war nach der Eiablage vielleicht einfach altersschwach. Dafür schlummern im Rasen schon die nächsten Teufelsfratzen.

About the author

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert