Manchmal, wenn ich ein halbes Stündchen Zeit habe, schnappe ich mein Makroobjektiv und gehe auf Pirsch im Garten. An manchen Tagen lerne ich dabei neue Gartenmitbewohner kennen – an anderen begegnet mir wenig Foto-würdiges. Obwohl – je genauer man hinsieht, je mehr Spuren meiner Mitbewohner lassen sich finden – selbst wenn sie selbst grade nicht angetroffen werden möchten. In der Dortmunder Stadtbücherei fiel mir dann im Sommer ein grandioses Buch in die Hände, dass unter dem Titel „Tatort Garten“ ganz und gar der Spurensicherung gewidmet ist.
Die beiden Franzosen Vincent Albouy (Insektenforscher) und André Fouquet (Fotograf) haben unter dem Untertitel „Wer krabbelt, knabbert und kackt in meinem Garten“ ein knapp 100-Seiten starkes und detailreich bebildertes Buch verfasst, welches der Ulmer-Verlag dankenswerterweise ins Deutsche übersetzt hat. Damit kann man sich (auch mit Kindern) stundenlang und fast überall auf Spurensuche begeben – Aha-Effekte sind garantiert. Heute also eine kleine Whodunit-Galerie vom Tatort an der alten Mühle.
Dunkler BrennesselwicklerDieses Brennesselblatt wurde kunstvoll gefaltet und festgeklebt. Vielleicht vom Brennesselwickler, den ich jedenfalls später dort angetroffen habe.Rübenfliege (Pegomya betae), Larve Die Rübenfliege frisst gar keine Löcher, sondern nur Spuren ins Mangoldblatt. Vielleicht mag sie die Kutikula nicht, also die Wachsschicht, die das Blatt außen abschließt. Solche Fraßgänge, die im Blattgewebe liegen, ohne die Oberfläche zu durchstoßen nennt man Miniergänge. Dann Glück auf!Ebenfalls auf frischer Tat ertappt habe ich die Blattwespenlarven, die dieses interessante Muster in die Blätter des Storchschnabels gefressen haben.Hier hat ein Schnegel , vielleicht der Gewächshausschnegel (Ambigolimax valentianus), dekorative Fraßspuren im Algenbelag der Wasserschale hinterlassen: Man erkennt deutlich die Abdrücke seiner Radula, der reibeisenähnlichen Zunge der Schnecken.Gewächshausschnegel (Ambigolimax valentianus)Schneckenschleim ist ein recht beeindruckender Werkstoff. Er kann sogar Abgründe überwinden oder als Faden zum Abseilen genutzt werden. Allerdings ist seine Produktion recht ressourcenzehrend: Die Schnecke braucht ausreichend Feuchtigkeit, um ständig Schleim zu produzieren.WiesenschaumzikadeUnd wer hat hier ans Habichtskraut (?) gerotzt? Das war eine Wiesenschaumzikade (Philaenus spumarius), die diese besondere Schaumparty für den Nachwuchs veranstaltet hat. (Im Inneren bleibt es feucht, temperaturstabil und vor vielen Fressfeinden geschützt – und das fragil wirkende Schaumgebilde übersteht sogar Regenschauer!).Gewölle WaldohreuleEinen richtigen Müllhaufen im Kies an der Hauswand haben diese Gartenbewohner hinterlassen: Es gab gemischte Knabbernüsse für Mäuse. Dazu passt der Auswurf rechts: Gemischte Mäuseknochen in Fellresten hat die Waldohreule (Asio otus) in den Garten gespuckt.
Im Buch ist ein Kapitel den Gelegen und Kokons gewidmet – davon habe ich aber die meisten meiner selbstgefunden hier schon einmal gezeigt.
Alle Gartenbewohner hinterlassen Spuren. Unsere halten vermutlich am längsten….